Die Gehenna – Entgültiger Tod oder Ort der Qual?

Gehenna: Hebr.: גי הנם (gē hinnóm, „Tal Hinnom“); gr.: γέεννα (géenna); lat.: gehẹnna, bezeichnet das Tal Hinnom (Ge Ben Hinnom). Heute identifiziert man diesen Ort mit dem „Wadi al-Rababah“.

Valley of Hinnom PA180090.JPG – Wikimedia Commons

Bedeutung im AT bzw Tanach

Im Zuge der Aufteilung des Landes unter Josua wird das Tal Hinnom erstmals erwähnt (Jos 15:8, 18:6) Später wird es in Verbindung mit dem Scherbentor erwähnt, wo Jeremia eine Botschaft JHWH’s verkünden soll (Jer. 19:2)
Diese Botschaft bezieht sich auf die nahende Vernichtung durch die Babylonier unter Nebukadnezar II.

‚„Darum kommen die Tage“, erklärt Jehova, „da wird man diesen Ort nicht mehr Tọphet oder das Tal des Sohnes Hịnnoms nennen, sondern das Tal des Abschlachtens. Ich werde an diesem Ort die Pläne Judas und Jerusalems durchkreuzen und sie vor ihren Feinden durch das Schwert fallen lassen, durch die Hand derer, die es auf ihr Leben abgesehen haben. Ihre Leichname werde ich den Vögeln des Himmels und den Tieren der Erde zum Fraß geben (Jeremia 19:6,7)

Während er Regierungszeit Manasses in Juda übernahm man den paganen Brauch, dem Molech Kinder zu opfern. Das Tal Hinnom wurde zur zentralen Kultstätte für diesen Brauch. Manasse selbst opferte eigene Söhne auf diese Weise (2.Chr. 28:3; 33:6). JHWH verurteilte diese Praxis scharf. Durch den Propheten Jeremia ließ der Bundesgott Israels folgende Botschaft überbringen.

. . .Sie haben die Höhen des Tọphet errichtet, das im Tal des Sohnes Hịnnoms ist, um ihre Söhne und ihre Töchter zu verbrennen, etwas, was ich nicht angeordnet habe und was mir nie in den Sinn gekommen ist.‘ ‚Darum kommen die Tage‘, erklärt Jehova, ‚da wird man es nicht mehr Tọphet oder das Tal des Sohnes Hịnnoms nennen, sondern das Tal des Abschlachtens. Man wird im Tọphet Tote begraben, bis es keinen Platz mehr gibt. . .(Jeremia 7:31, 32) Siehe auch Jer 32:35

König Josia entweihte später diesen Kultort, um weitere Opfer an dieser Stelle zu verhindern. (2. Könige 23:10) Ab dieser Zeit wurde das Tal Hinnom nur noch als Müllabladeplatz benutzt. Das schloß auch die Entsorgung der Leichen von Personen ein, die keines ehrbaren Begräbnisses für würdig erachtet wurden.
Eine solche Behandlung brachte zum Ausdruck, dass derjenige keine Aussicht auf eine Auferstehung hatte.

Der jüdische Theologe und Hebraist David Kimchi[1] schreibt in seinem Kommentar zu Psalm 27:13

„In der Umgebung von Jerusalem existiert ein widerlicher Ort, in den man unreine Dinge und Leichname hinabwarf. Ebenso war dort ein ständiges Feuer, um die unreinen Dinge und die Knochen [der Leichname] zu verbrennen. Daher wird das Gericht der Bösen sinnbildlich Gehinnom genannt.“ (Die Übersetzung erfolgte nach dem hebräischen Text aus dem Werk ספר תהילים [Buch der Psalmen], 5302 a. m. [1542 u. Z.].)

Endgültiger Tod oder Ort der Qual?

Wie wir gesehen haben, war die Gehenna bis ins 1.Jhdt ein Müllverbrennungsplatz nahe der Stadtmauer Jerusalems. Wärend der Periode des 2. Tempels wurde dieser Ort auch als Symbol für das göttliche Gericht gebraucht. Aber schloss das eine ewige Qual in einer Feuerhölle ein? Diese Frage kann man klar mit nein beantworten, und zwar aus verschiedenen Gründen. Zum einen finden wir keine Vorstellung einer unsterblichen Seele in den kanonischen Schriften (AT,NT).

Die Seele ist kein vom Leib trennbares Lebensprinzip, das in sich besteht. Der Tod ist keine Trennung von Leib und Seele, sondern ein Ausströmen der Lebenskraft…

(Kleines Bibellexikon, Evangelische Hauptbibelgesellschaft zu Berlin und Altenburg 1988 S. 249)

Der Glaube an eine unsterbliche Seele gehörte ursprünglich weder zur jüdischen – noch zur frühchristlichen Theologie des 1. Jhdts. Vorstellungen von einer unsterblichen Seele wurden erst später aus der griechischen Philosophie übernommen. Die Seele (Hebr.: נפש (néphesch); gr.: ψυχή (psychḗ); lat.: ạnima ) steht in der Bibel für den ganzen Menschen oder für den Wert des Lebens an sich. (1. Mose 2:7). Die Seele ist sterblich. (Hes 18:4). Tote werden als tote Seelen bezeichnet
(4. Mose 6:6; 3. Mose 21:11) Jakobus spricht nicht von der Seele, dagegen ist der Körper ohne Geist tot. (Jak 2:26). Den Toten ist nichts bewusst, was auch gegen ein Fortleben einer Seele nach dem Tod spricht.
(Pred 9:5, Ps 146:3;4).
So ist die Gehenna kein Ort der Qual, sondern ein Symbol für den ewigen und entgültigen Tod.
Das wird auch durch ausserbiblische jüdische Texte aus der Periode des 2. Tempels bestätigt. Hier ist die Bedeutung der Gehenna vor allem mit der Rede vom 2. Tod[2] verbunden. Ein Begriff der im hebräischen Text des Tanach nicht vorkommt, aber durchgehend in Targumen[3] und rabbinischen Texten, sowie im NT. Im NT ist ausschließlich in der Offenbarung vom 2. Tod die Rede. (Im Verständnis der Apokalypse ist „ewige Verdammnis“ also keineswegs ein Ort ewiger Qual, sondern vielmehr die ewige Vernichtung, der „Gang ins Nichtsein“.[4] Pablo Richard: Apokalypse. Das Buch von Hoffnung und Widerstand. Ein Kommentar. Edition Exodus, Luzern 1996, ISBN 3-905577-00-3, S. 224; S. 247.)
Von der buchstäblichen Gehenna und ihrer Bedeutung wurde das Symbol eines ‘Sees, der mit Feuer und Schwefel brennt’, abgeleitet (Off 19:20; 20:10, 14, 15; 21:8).

Maimonides declares, in his 13 principles of faith, that the souls of the wicked would be punished with annihilation. Maimonides’ Introduction to Perek Helek, publ. and transl. by Maimonides Heritage Center, p. 22-23.

In diesem Sinn verwendete auch Jesus den Begriff ‚Gehenna‘ in Matthäus 10:28. Die Seele wird in der Gehenna vernichtet, nicht gequält. Die Gehenna hat im biblischen Kontext und in vielen frühen, nicht – kanonischen Texten des Judentums nichts mit einer Hölle gemein, einem Ort der Qual, wie er sich in der späteren, vor allem mittelalterlichen Theologie findet.
Fazit: Die Gehenna ist ein Symbol für den entgültigen, ewigen Tod.

Fußnoten:

[1] David Kimchi

[2] Second death | Wikiwand

[3] Targum | Wikiwand

[4] Zweiter Tod | Wikiwand